„Ich freue mich so“, dieser Ausspruch einer im Trabant
sitzenden jungen Frau, die erstmals in den Westen reisen durfte, hat mich tief beeindruckt, spiegelte er doch das wider, was ich beim Fall der Mauer empfand. Meine Mutter war von der Oder, mein Vater von der Saar, mit meinem Mann lebe ich im Rhein-Neckar-Raum. Ich habe den Osten und den Westen kennengelernt, war schon immer tief davon überzeugt, dass ich das Ende der Teilung Deutschlands erleben würde.
Als die unser Land zerschneidende Mauer fiel, ging mir das
Herz auf. Vor dem Fernseher sitzend hatte ich staunend die Meldung gehört, war
begeistert auf die kleine Straße vor unserem Haus gerannt, um zu feiern. Kein
Nachbar weit und breit in Sicht, Totenstille im Viertel. Nur zu gerne hätte ich
mich in den Zug gesetzt, wäre voller Begeisterung dorthin gefahren, wo die
Mauer eingerissen wurde. Meine Familie überredete mich, abzuwarten, denn
niemand wusste, was passieren würde.
Inzwischen war ich schon oft im vereinten Berlin, erlebte
mit, wie sich die gemeinsame Hauptstadt entwickelte. Nun, nach 25 Jahren, durfte
ich dort mit meiner Familie und Freunden an einem Gefühl teilhaben, das einer
Umarmung glich. Die Feierlichkeiten zum Mauerfall und die Stimmung waren
einfach großartig, Berlin strahlte mit den Gesichtern der Menschen um die
Wette. An den als Mahnmal stehenden gebliebenen Mauerrest in der Bernauer
Straße gelehnt, hörte ich Musik und Lachen, sah ich die weißen Ballons, die
eine unmenschliche Grenzziehung markierten, in den Himmel abheben. Eine schöne
Idee.
Egal ob es in der Ex-DDR eine große Gemeinschaftssinn, Arbeit für alle oder bessere Kindergärten gab, für mich war und ist es ein Verbrechen, Menschen einzusperren, sie ihrer Bewegungsfreiheit zu berauben, sie an Begegnungen mit ihren Freunden und Familienmitgliedern zu hindern, ihnen Reisen nach Italien, Spanien oder Griechenland zu verwehren, sie „zu ihrem Glück zwingen zu wollen“. Das konnte nicht gutgehen. Die Freiheit ist eine mächtige Pflanze, die zum Licht drängt. Danke, dass alles so gekommen ist und friedlich ablief. Denkt zurück und haltet euch aus Kriegen raus, auch ein „kalter Krieg“ strömt Kälte aus, die ich nicht mehr haben will.
Ein kleiner Junge stand an der Mauer, hob die Arme, sagte:
„Jetzt werde ich erschossen“, eine Sängerin mit Namen Anika von Trier sang eine
Ballade auf Karl Marx, Ausflugsschiffe machten sich unter dem Mauerfall-Motto
auf den Weg, den früher niemand fahren durfte. Nicht ganz so glücklich war unsere
Wahl für eine Schifffahrt auf der Spree gefallen, statt ein modernes Boot mit
gläsernem Dach hatten wir einen Kahn aus Holz ausgesucht, in dem die Berliner
Luft leider ziemlich stank. Zu Fuß gingen wir am Kanzleramt vorbei, der modern
gestalteten Waschmaschine, deren Anblick mich jedes Mal in Staunen versetzt,
wie weit wir uns von Bonn entfernt haben, das wir uns aus Nostalgie immer noch
als „Ableger“ leisten. Wie lange wohl?
In der nicht ganz so stachligen „Distel“ am Bahnhof
Friedrichstraße lief das Kabarettstück „Im Namen der Raute“, das im Keller des
noblen Adlon spielte. Dabei warteten die zu einer Raute geformten Hände der Kanzlerin
vergeblich darauf, Präsident Obama die Hand schütteln zu können. Caroline Lux
gab eine wunderbare Parodie von Ursula von der Leyen, Timo Doleys und Edgar
Harter als Merkel und Prof. Sauer im Ehebett waren zum Schießen.
Von der Humboldt-Box aus konnten wir hautnah den Fortschritt
am Neubau des Berliner Stadtschlosses verfolgen, dem „Erichs Lampenladen“ weichen
musste. Es lohnte sich auch, das neue, riesigen Shoppingquartier „Mall of
Berlin“ (76.000 m²) in Augenschein zu nehmen. Die urbane Konsum-Kathedrale
steht an historischer Stelle, nämlich dort, wo einst in der Nähe von
Brandenburger Tor, Potsdamer Platz und Reichstag das seinerzeit größte
Warenhaus (Wertheim) des europäischen Kontinents lockte. Die Adresse für den
Haupteingang, das darf frau unbefangen sagen, lautet Mohrenstraße.
Bis „airberlin“ uns wieder schnell und unproblematisch
zurück nach Hause brachte, habe ich mich an vielen verschiedenen Stellen
umgesehen, zum Eindringen in die Museumsinsel, die ich leidenschaftlich gern
besuche, reichte die Zeit ausnahmsweise nicht, denn feiern war angesagt. Es
waren nur drei ereignisreiche Tage, doch ich habe mir fest vorgenommen, im
nächsten Jahr wiederzukommen. Auch wenn das prächtige Pergamonmuseum wegen
Renovierung fünf Jahre geschlossenen bleibt, gibt es so viel zu sehen und noch
mehr zu erleben, zum Beispiel die gerade laufende Dali-Ausstellung.
Jedes Mal gilt es, neue Bauten zu entdecken, die seit dem
letzten Besuch aus dem Boden wuchsen, das reiche Angebot an Restaurants unter
die Lupe zu nehmen, interessante Menschen aus vielen verschiedenen Ländern zu
treffen. Den besten Kuchen der Stadt hält ein Café in der Ackerstraße bereit! Mir
gefällt die sachliche neue Architektur, wobei mein Wunsch bleibt, dass auch die
alten Häuser bald Fahrstühle bekommen (wir werden alle älter, ein finanzieller
Ansporn dafür „von oben“ wäre nicht schlecht).
Berlin hat mich davon überzeugten, dass diese Stadt es
verdient, wenn die Völker der Welt wieder darauf schauen. Verspielen wir es
nicht, das Glück der Stunde.
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