Sonntag, 21. Juli 2013

Verrat auf dem Flug nach Moskau

Es sind nur zwei Stunden, schon ist der Reisende in Moskau. Mein Mann und ich, wir wollten mal den Roten Platz mit dem Kremel und all die schönen Kirchen sehen, deren Türme wie von einem Zuckerbäcker gemacht aussehen. Unser Flugzeug, made in Germany, erhob sich von Frankfurt aus in die Luft, doch nach nur einer Stunde kam eine beunruhigende Durchsage: "Wir bekommen von einem der Tragflügel keinen Sprit mehr und haben uns zur Umkehr entschlossen."
Mir war, als habe mein letztes Stündchen geschlagen, weshalb ich mir rasch die letzte Zigarette anzündete und sie nerviös hinter dem Schutz der Rückenlehne des Vordersitzes  rauchte. Ich weiß, das ist verboten und totaler Mist, aber in diesem Augenblick war mir das egal. Als ganz so schlimm empfand ich das, wie ich gestehen muss, auch nicht, denn kurz zuvor war ich mit der Garuda-Air gereist, wo wir an Bord rauchen durften und sogar die Bar zur Selbstbedienung geöffnet war. Herrliche Zeiten...
Ich konnte auch fertig qualmen und das Zeichen meiner Untat dikret vernichten. Da aber kam schon der Stuard mit seiner Kollegin und schnupperte. Dann fragte er streng: "Wer hat hier geraucht?" In der Schule habe ich mich immer gemeldet, aber dieses Mal sagte ich mir, dass ich schön still bleiben muss.
Hinter mir zeigte jedoch jemand ohne ein Wort zu sagen mit dem Finger auf mich. Schon dachte ich, jetzt sei ein Flugverbot fällig, denn der Stuard schaute mich an und erklärte: "Wir haben Probleme mit dem Sprit und Sie rauchen!"
"Ich denke, Sie haben kein Benzin mehr", entgegnete ich trotzig. Gerettet hat mich die nette junge Stuardess, die zu ihrem Kollegen sagte: "Lass doch, das ist der Stress!" Die beiden zogen sich zurück und wir landeten wieder in Frankfurt. Wer mich verraten hat, weiß ich nicht, die rechtschaffende Person saß mir im Genick.
Schräg gegenüber war ein Chinese kurz nach dem Start in Frankfurt eingeschlafen, der wachte jetzt auf, sah sich um und fragte erstaunt: "Moskau?"
"Nein", erklärten wir, "Frankfurt", was ihn natürlich über alle Maßen verwunderte. Er und wir und die anderen zogen um in einen neuen Flieger, stiegen auf und bekamen in der Luft erneut etwas zu Essen. Endlich landeten wir in der Hauptstadt des Riesenreichs. Dann war es soweit, wir strebten auf den Roten Platz, bewunderten die langen Mauern, feilschten vergeblich im Kaufhaus Gum und schlendeten auf den großen freien Platz dahinter, in dem wir noch etwas Verruchtes taten: Wir tranken den ersten grünen Absinth unseres Lebens.
Die Reise nach St. Petersburg ging mit der Bahn sehr flott, vorbei an Wäldern mit ellenlangen Schutzzäunen für das Wild, die so elegant waren, dass sie in einen Park gepasst hätten. Natürlich sind die Museen in Moskau und St. Petersburg eine Reise wert. Wer früh dran ist, kann im Kremelmuseum und in der Eremitage alles sehen, was das Herz begehrt. Nur im Kaufhaus von St. Petersburg, das aus einzelnen Läden bestand und einen ganzen Straßenzug abdeckte, suchte ich vergebens nach dem Christbaumschmuck, den Gorbi unserem Schröder zum Fest geschenkt hatte. Es war nicht die Zeit für Weihnachtsschmuck. Aber unseren Chines, der sich als Mongole entpuppte, sahen wir im einst für die Olympiade gebauten Hotel am Meer wieder. Mehrmals ging er den Eingangt hinein und wieder hinaus, weil er so große Freude an der sich selbsttätig öffnenden Glastür hatte.  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen