Samstag, 4. Mai 2013

Brummis Flug in die Welt - für Kinder zum Vorlesen

Wie ein Maikäfer das Leben entdeckt
(geschrieben mit 15 Jahren)
Tief unten im Erdreich nagt Brummi, der kleine, weiße Engerling genussvoll an einer zarten Pflanzenwurzel. Erst vor ein paar Tagen ist er aus seinem Ei geschlüpft und hat nun einen untillbaren Hunger.
Bald schon ist ihm sein Hautkleidchen zu eng und er muss sich ein neues zulegen. So verbringt er lange Zeit, bis ihn Ritter Frost mit seiner eisigen Kälte noch tiefer in den Boden treibt. Es vergehen drei Jahre, ein Tag wie der andere. Brummi ist nun fast erwachsen geworden. In ihm ist eine ferne, unbestimmte Sehnsucht.
Er weiß, dieses trostlose, eintönige Leben in der Finsternis, umgeben von feuchter, brauner Erde ist nicht der eigentliche Sinn eines Daseins. Brummi hat plötzlich überhaupt keinen Appetit mehr und hüllt sich in ein weißes Gewand, in dem er wie eine Puppe aussieht.
Nach zwei Monaten wird es ihm in der engen Höhle zu langweilig, und er sprengt seine Puppenhülle entzwei. Aber was ist das? Brummi ist nicht mehr wiederzuerkennen. Mit ihm geschah eine wunderbare Verwandlung. Er besitzt nun starke, braune Flügel, darunter noch dünne, feine Flügel, die ganz zart sind. Er hat sechs Beine, und an seinem Köpfchen befinden sich zwei prächtige Fühler, die vorne wie Fächer aussehen. Schön sind auch seine glitzernden, kohlschwarzen Augen.
Langsam wird die Erde wärmer, die ersten Blüten entfalten ihre bunten Blätter und verbreiten einen herrlichen Duft. Der Frühling ist ins Land gekommen. An einem schönen Tag im Mai kriecht Brummi aus der Erde. Strahlend helles Sonnenlich empfängt ihn. Seine Äuglein können sich nicht satt sehen an all der bunten Pracht, die der Frühling für ihn bereit hält.
Das also ist das Leben!, denkt Brummi. Freudig öffnet der Maikäfer seine Flügel, holt tief Atem, und dann schwingt er sich solz brummend und summend in die Lüfte. Er fliegt geradewegs auf den nächsten Laubbaum zu, der den Tisch für Brummis Hunger reichlich mit zartgrünen Blättern gedeckt hat.
Auch Brumminchen, das Fräulein Maikäfer, schwirrt schon durch die Zweige. Als sie dann, wie durch Zufall, mit Brummi auf einem ganz besonders schönen Blatt zusammen trifft, legt sie schüchtern die zierlichen Fühler zusammen und blickt ihn aus ihren tiefschwarzen Äuglein erschrocken an.
Brummi ist richtig hingerissen vom Anblick der kleinen Maikäferin. Er schaut ihr eine Weile zu, wie sie graziös und mit vollendeten Tischmanieren das Blatt in allerliebster Weise auszuzacken beginnt. Das wäre die richtige Maikäferfrau für mich, denkt Brummi und stlziert auf dem Blatt herum, als sei er der König aller Maikäfer.
Endlich hebt sie das Köpfchen und betrachtet ihn interessiert. Brummi fasst sich ein Herz und erzählt ihr wunderbare Geschichten, von Bäumen, Blumen, Tieren und berichtet auch von den vielen Abenteuern, die er schon erlebt habe. Er brummt und flunkert ihr etwas vor, und Brumminchen ist von all dem sehr beeindruckt. Sie nickt ab und zu anerkennend mit dem Köpfchen und Sonnenglanz fällt auf ihren Körper, der aussieht, als habe sie pelzigen Samt auf ihren Flügeln. Gemeinsam mit Brummi fliegt sie dann von Blatt zu Blatt, von Baum zu Baum.

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