Wenn mein Mann und ich eine Reise unternehmen und unsere
erwachsenen Kinder bei unserer Rückkehr sich erkundigen „Wie war’s?“, dann
dürfen wir unter keinen Umständen vom Essen erzählen. Sie wollen wissen, wie
„es“ war, nicht wie es uns geschmeckt hat …
Dieses Mal brachen wir ans Meer nach Holland auf, wo
wir freundliche und fröhliche Leute trafen und auf dem Weg sowohl über die
hochmoderne Architektur als auch über die vielen Tiere auf den Weiden staunten. Eine
wunderschöne Gegend mit alten Gassen, grünen Wiesen, Dünen und weißen
Sandstränden ist die um Noordwijk. Leider goss es wie aus Kübeln, dazu wehte
ein Wind, um nicht zu sagen ein Sturm brauste, der mich fast daran hinderte,
die Autotür zu schließen. Wir schafften es gerade so ins Hotel oder in ein
Lokal, ohne weggeblasen zu werden.
Womit wir wieder beim Essen wären. Das muss ich in den
höchsten Tönen loben. Schon allein die Sandwiches mit den leckeren Salaten und die
Pfannkuchen in allen Variationen waren ein Genuss, zudem gab es Zusammenstellungen,
die mein Gaumen zuvor noch nicht gekostet hatte, zum Beispiel gemischten
Gulasch mit Mangos und Krabben. Die Pommes Frites wurden selbst am Tisch in
einer Tüte serviert, die in einer schmiedeeisernen Spirale stand. Wie
Sonnenschirme, an denen Aschenbecher befestigt sind, waren an der Spirale
Ausbuchtungen für die Soße.
Ich hatte Zeit, die Leute beim Essen zu beobachten:
1)
Beim Frühstück liefen die Kellner in ihren
Anzügen vornehmer als die Gäste herum. Sie fassten den Inhalt der Platten nur
mit Handschuhen und Zangen an. Dann kam der Seniorchef und schob das
Kuchengebäck von drei verschiedenen Platten mit den Fingern auf einer zusammen.
2) Dass
eine Kirche ein idealer Ort zum Kaffeetrinken ist, erlebten wir in der Grote
Kerk in Alkmaar, wo mittendrin im Altarraum eine schicke Cafeteria zum
Verweilen einlud. Außerdem gab es eine Kunstausstellung und nebenan einen modernen
Sanitärraum, der Legionen ohne Wartezeit aufnehmen konnte. Die Sint Laurens
wird renoviert, zuerst die gewölbte Holzdecke, danach die Orgel, da mussten die
Leute sich ganz undogmatisch etwas einfallen lassen, um den Aufwand zu
finanzieren.
3)
Ein älteres Ehepaar verspeiste beim Abendessen einen
Teller Sparerips, daneben saßen zwei junge Leute, die nur etwas zu trinken
bestellt hatten. Ihr Mini-Hund, Rasse Chihuahua, schaute sehnsüchtig nach dem
Fleischberg. Irgendwann erbarmte sich der ältere Esser und schob dem winzigen
Hund einen blanken Knochen ins kleine Maul, immer tiefer hinein. Der Hund
würgte und erschrak so, dass er sich unter dem Tisch verkroch. Der Knochen fiel
auf den Oberschenkel des jungen Mannes, der ihn erst nach einer Weile bemerkte und
entsetzt seine neue Jeans abklopfte.
4)
In der Fußgängerzone von Noordwijck bekamen wir
in einem kleinen Laden den besten Espresso weit und breit sowie selbstgemachte
Eissorten zum drin liegenbleiben. Der Kaffee wurde zusammen mit einem Schälchen
Schokobohnen und Gebäck serviert, zudem gehörten ein Glas kaltes Wasser und ein
Kännchen heißes Wasser dazu. Wir wurden eingelassen, obwohl eigentlich schon
geschlossen war. Ein Mädchen mit blondem Pferdeschwanz kehrte um uns herum,
dann stellte sie gedankenverloren die Kehrschippe auf die Glasplatte, die das
Eis an der Vorderfront abdeckt. Das merkte der Inhaber zum Glück sofort, denn
ein Windstoß und sein ganzes schönes Eis wäre bestäubt worden.
5)
Wenn das Wetter besser gewesen wäre, müsste ich
nicht vom Essen erzählen.
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