Mittwoch, 24. Juli 2013

Kostprobe des Krimis "Teile Er"

Wenn er da jetzt hinaus ging, das spürte er, würden sie ihn sich schnappen, und wenn er nicht vorher auftauchte, würden sie warten, bis der letzte Spieler die Turnhalle verlassen hatte und ihn holen kommen. Töten würden sie ihn vermutlich nicht, überlegte er, denn der Chef wollte ihn lebendig, um sich persönlich an ihm rächen zu können.
Die Spieler seines Basketballteams alberten in der Dusche herum, die Forwards und Guards bewarfen die beiden Center mit Schaum. Kim zog sein verschwitztes Trikot aus, griff nach dem dicken Seifenstück, das er immer als Ersatz in seiner Sporttasche dabei hatte, falls die Shampoonflasche leer war, schmiss die Seife an die Decke der Gemeinschaftsduschkabine, klatschte in die Hände und rief: „Hey Jungs, ich habe ein Problem, kann ich mit euch rechnen?“ Wäre Lenas Kritik an seinen Formulierungskünsten nicht gewesen, hätte er gerufen „Ich brauche Unterstützung, die da draußen wollen mir ans Leder“, so aber rief er: „Da draußen sitzen zwei Typen im Auto, die hinter mir her sind. Könnt ihr mir helfen, die los zu werden?“
Seine Mitspieler umringten ihn, beobachteten den schwarzen Wagen, der wie eine Drohung nicht von der Stelle wich und wollten von ihm wissen, was es mit den Verfolgern auf sich habe und ob er befürchte, dass sie ihn zusammenschlagen wollten.
„So genau kann ich das gar nicht sagen“, erläuterte Kim, „klar ist nur, dass sie mich schon eine ganze Weile beschatten und es mich nicht wundern würde, wenn sie sogar bewaffnet sind.“
Greg, der größere der beiden Center, warf einen letzten Blick aus dem Kellerfenster nach draußen und schnaubte: „Die riechen in der Tat nach Ärger! Es könnten Kreditbetrüger sein, denen nicht gefällt, wie du deinen Job erledigst. Vielleicht bist du ihnen, ohne es zu wissen, auf die Zehen getreten.“
Obwohl Kim das für ganz und gar unwahrscheinlich hielt, da er ja längst vermutete, dass es sich bei den beiden Gestalten im Auto um vom Chef geschickte Verbrecher handelte, die ihn verschleppen sollten, griff er den Gedanken, der seine Lage für seine Mitspieler erklärte, dankbar auf: „Möglich wäre es.“
„Zwei gegen einen, denen husten wir was“, grinste der Ersatzcenter, den sie Catcher nannten.
Schweigend zogen sich alle fertig an, machten sich bereit für einen kleinen Straßenkampf, schlugen ihre Faust in die offene Fläche der anderen Hand und zeigten sich wild entschlossen, Kim als einen der ihren gegen jedweden Anschlag aus der Dunkelheit zu verteidigen.
„Wir halten zusammen!“, ihr Schlachtruf hallte durch den gekachelten Raum.
Sie versprachen ihm beizustehen, falls er angegriffen würde, zudem machten sie aus, dass sie ihn an sein Auto begleiten und ihm bis zur Haustür hinterher fahren würden, damit ihm nichts passierte.

Als Kim die Sporthalle verließ und die Straße entlang ging, weil er seinen Pkw um die Ecke geparkt hatte, stiegen die Unbekannten tatsächlich aus, eilten über die Straße auf ihn zu, nahmen ihn in die Zange, die Frau links, der Mann rechts, und dann packten sie zu und wollten im Glauben, den Überraschungseffekt auf ihrer Seite zu haben, ihn in ihren schwarzen Wagen zerren, der mit laufendem Motor und offenen Türen gegenüber bereit stand.
Doch schon kamen die Basketballspieler angerannt, welche die Szene wachsam beobachtet hatten und zum Eingreifen bereit waren. Die Angreifer lagen schneller auf dem Boden als sie sich umdrehen konnten, im Halten, Blockieren, Rempeln, Stoßen, Schieben, Zerren und Beinstellen waren die Spieler Spitze, sie überwältigten die beiden, die sich heftig wehrten, hielten sie fest und umstanden das Paar, bis es seinen Widerstand aufgab.
Für einen Moment kamen Kim Bedenken, dass es sich um Polizisten handeln könnte, die ihn im Auftrag von Emma bewachen sollten, dennoch zog er den Mann mit beiden Händen an der Jacke hoch und sah an dessen Augen, wie zornig dieser wegen der massiven Gegenwehr und der Ereignisse war, mit denen er nicht gerechnet hatte.
„Ich poliere dir die Schnauze, du oller Lügenbaron“, drohte der Kahlrasierte, sammelte Speichel und versuchte, Kim anzuspucken. Der wich zurück und überlegte verwirrt, was er tun sollte, da ihm jetzt klar wurde, dass seine Ahnung ihn nicht trog und dass die Verfolger tatsächlich aus Berlin kamen.
„Wer hat euch beauftragt? Weshalb verfolgt ihr mich? Warum wollt ihr mich entführen?“, zischte Kim und rempelte sein Kinn gegen die Stirn des Mannes, so dass dessen Kopf nach hinten flog. Der Angegriffene schüttelte sich trotzig und starrte Kim voller Wut an, während er sich ohne Erfolg bemühte, aus dem Griff von zwei Spielern loszukommen, die ihn an den Armen festhielten.
Die Partnerin des Muskelmannes, die unfreiwillig den Gehsteig geküsst hatte, wischte sich etwas Blut ab, das ihr aus der Nase lief, spuckte ebenfalls aus und rief dann: „Wir sind keine Entführer, du Hornochse, uns schickt Nelly, die untergetaucht ist und unbedingt mit dir reden will.“

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