"Liebe Grete" schrieb der Onkel Wilhelm Busch 1897: "Ende voriger Woche hegt ich den lebhaften Wunsch, du möchtest schreiben. Was ich gewünscht hatte, traf richtig ein. Das bestätigt mal wieder den Glauben gewisser Mystiker an ein unsichtbares Gummibändel, das befreundete Seelen verknüpft, und wären sie einander auch noch so fern."
Ich kann das mit den unsichtbaren "Gummibändern" nur bestätigen, auch wenn sie heute "Strings" genannt werden. Als mein Vater im Krankenhaus lag und angeblich auf dem Weg der Besserung war, wenn er die Nacht überlebte, ließ ich plötzlich meinen Stift in der Redaktion fallen und rief im Hospital an, weil mir unvermittelt ganz anders geworden war. Eine Krankenschwester rief meine Mutter ans Telefon, die mir weinend erklärte: "Eben ist dein Papa gestorben." Die Stringtheorie hat in mir eine große Anhängerin.
Wer die Verbindung über weite Entfernungen hinweg schon einmal erlebt hat, tut sie nicht mehr als Erfindung ab und hat keine Zweifel.
Gut gefiel mir die dieses Wochenende die in der Welt am Sonntag veröffentlichte Kästner-Reportage über seinen Aufenthalt 1929 in Paris. Erich Kästner fand doch tatsächlich, dass der besondere Zauber, der von Paris ausgeht, nicht zuletzt auf der Bauweise seiner Häuser mit den stufenweise gestalteten Dächern beruht. Ich gebe das an jene weiter, die bei uns für die kleinkarierte Bauvorschriften und den kleinlichen Giebelkult in den Gemeinden verantwortlich sind.
Sogar die Bäume in der französischen Hauptstadt fand Erich Kästner "schöner als bei uns", weil sie nicht Spalier in den Straßen sondern ungezwungener herum stehen. Das gelte vor allem für die deutsche Sitte, einen Sortiertrieb zu entfalten: "Eine Straße nichts als Linden, eine Straße nichts als Kastanien", alles im gleichen Abstand. Auif die Idee, gemischte Alleen zu pflanzen, muss unsere Stadtverwaltung erst noch kommen. Bei ihr ist es so, dass die feinen Stadtviertel feine Bäumchen mit zarten Blüten bekommen, die anderen Straße mächtig ausladende Bäume mit stachligen Bällen in den Wipfeln, die uns auf den Kopf fallen und mit riesigen Blättern, die im Herbst alles bedecken und viel Arbeit machen. Was wir Paris aber voraus haben: wir räumen immer alles ohne Murren auf.
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